Sonntag, 13. September 2009

Geräuschloses Notebook - ein HowTo.

Ich habe ziemlich lange nach einer Möglichkeit völlig geräuschlos mit einem Computer zu arbeiten gesucht. Da ich glaube, dass mir das nun nach einigen Anstrengungen gelungen ist, wollte ich mal eine Anleitung erstellen.
ACHTUNG: Ich übernehme keinerlei Gewähr für diese Anleitung. Alles geschieht auf eigene Verantwortung! Ihr solltet die Schritte nur durchführen, wenn Ihr nachvollziehen könnt wie und warum Ihr etwas verändert. Lest die Anleitung bis zum Ende durch, bevor Ihr mit den einzelnen Schritten anfangt.

An wen richtet sich die Anleitung?
An alle die völlig lautlos arbeiten wollen. Die Betonung liegt hier auf arbeiten, also: Textverarbeitung, Internet, ein bisschen Musik. Und lautlos im Sinne von wirklich lautlos - sprich keinerlei Geräuschkulisse (keine Festplatte, kein Lüfter). Hinweis: Ich gehe hier von einer Raumtemperatur um die 20°C aus. Wer in südlichen Gefilden wohnt und um die 30° zu Hause hat, der wird ab und zu schon mal den Lüfter hören. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen verschiednen Thinkpads und verschiedenen Anwendern - ich tippe meistens mit Word und recherschiere auf Websiten - hierbei ist das Notebook lautlos.

Arbeitsaufwand
gute Computerkentnisse - und je nachdem: einige Stunden bis Tage.

Voraussetzungen
  • ThinkPad der T-Serie (in meinem Fall: T41-2374)
  • Solid-State Drive (in meinem Fall: Transcend 32GB TS32GSSD25-M)
Warum Solid-State Drive?
Solid-State-Disks sind nichts anderes als Speicherkarten die als Fetsplatte verwendet werden.
Vorteile: Windows XP bootet in ca. 15s - und zwar auch noch nach einem halben Jahr. Die Zugriffszeiten sind extrem kurz, sodass die meisten Anwendungen sofort verfügbar sind. Das ganze ist völlig geräuschlos und erschütterungsunempfindlich.
Nachteile: Preis (32GB ca. 85€; wobei die Preise in naher Zukunft sicher massiv fallen werden) und damit begrenzter Speicherplatz. Weiterhin begrenzte Anzahl von Lese- und Schreibzyklen. Beides fällt für uns nicht sonderlich ins Gewicht, weil wir ja arbeiten wollen und nicht ständig Filme von der einen auf die andere Partition verschieben. Im Folgenden findet Ihr außerdem einige Tips wie sich das Leben einer SSD erheblich verlängern lässt.
Ich habe mir für diesen Zweck eine Transcend 32 GB IDE-SSD gekauft - und bin damit zufrieden. Achtung: unbedingt die neue Version kaufen, da sie erheblich schneller als die alte ist. Ihr erkennt sie an einem Aufkleber auf der Rückseite in dessen rechter oberer Ecke groß "JMICRON" steht.

Warum Thinpad? 
Die Thinkpads haben mich, im Vergleich zu vielen anderen Notebooks (Sony, HP, Dell), am ehesten überzeugt. Leicht und robust, die Verarbeitung ist hervorragend und dank der weiten Verbreitung finden sich Berge von Anleitungen und Software. Die Rahmenkonstruktion ist aus Metall und angeblich kann man sich auf so ein ThinkPad draufstellen, ohne dass es bricht. (Es besteht eine Abhängigkeit zum Gewicht des Besitzers). Weiterhin sind die Thinkpads modular aufgebaut, sodass Tastatur, Laufwerke, Steckkarten und Speicher sehr einfach und schnell austauschbar sind. Bspw. kann eine zweite Festplatte anstatt des DVD-Laufwerks eingebaut werden.Mit der maximalen Akku-Belegung (12 Zellen und Ultra-Bay) kommt man locker auf 12h Akkulaufzeit. Nett ist auch, dass über eine Software das Lüfterverhalten der Thinkpads vollständig steuern kann (s.u.).
Ein gebrauchtes T41 kostet ca. 250 - 300€ und bietet meist mehr als ein vergleichbares aktuelles Notebook der 600€-Klasse (nicht vergessen: es geht hier ums arbeiten). Am Besten das Gerät vorher begutachten bzw. eines der aufgearbeiteten Geräte von einem Fachhändler nehmen. Noch zwei Tips: Das SXGA-Modell (1400x1050) hat ein sehr gutes Display. Generell darauf achten, dass das Display nicht zerkratzt ist - alles andere kann man austauschen.

Alternativen:
  • neues ThinkPad mit SSD (hier darauf achten, dass Intel onBoard-Grafik und nicht ATI verbaut wird, da letztere eine vielfach stärkere Wärmeentwicklung haben)
  • Panasonic Roughbooks gibt es ohne Lüfter / mit SSD
  • einige Netbooks sind lüfterlos (Dell z.B.)
  • ältere PowerBooks mit PowerPC-Prozessoren sind sehr, sehr leise.
1. Thinkpad vorbereiten:
Als Allererstes muss das (gebrauchte) Thinpad innen und außen gründlich gereinigt werden. Dazu vorsichtig die Tastatur abnehmen (Schrauben für die Tastatur [mit Symbol markiert] auf der Gehäuseunterseite lösen, Tastatur am Power-Knopf nach hinten schieben und leicht anheben; unbedingt VOR dem Abnehmen das flache Keyboard-Kabel auf der Rückseite vorsichtig herausziehen). Alle Schlitze mit einem Staubsauger absaugen. Staub vermindert die Wärmeleitung - deswegen saugen wir ihn weg.
Als nächstes installieren wir auf der alten (nicht-SSD) Festplatte ein frisches Windows XP und optimieren es dann auf die SSD. Beachtet, dass Windows XP auf einer eigenen Partition installiert wird damit wir ein Image davon erstellen können. Dieses wird dann auf die SSD  kopiert
  • Windows XP auf formatierte Partition installieren und SP3 installieren
  • modifizierte ATI-Treiber anstatt der Original-Treiber installieren (PowerPlay ist dann auch im Netzbetrieb aktiviert - dies senkt die Wärmeentwicklung des Grafikchips (weniger Kühlung notwendig) und spart Strom). Download: http://staff-www.uni-marburg.de/~schmitzr/ATIPOWPL.zip 
  • ThinPad BIOS Update und Embedded Controler Update von der Lenovo Seite einspielen. 
  • sämtliche andere IBM/Lenovo Treiber und Tools installieren (vor allem PowerManagement und Strom-MaxiMiser)
  • Alle Einstellung auf "Powersave", niedrigsten Verbrauch oder längste Akkulaufzeit stellen (auch im BIOS)
2. Windows XP an SSD anpassen.
Das Folgende dient dazu um unnötige Schreibzugriffe auf die SSD zu minimieren. Das Ausschalten der Dienste führte bei mir weder zu Instabilitäten noch zu Leistungsverlusten (im Gegeteil!). Ich empfehle einen Arbeitsspeicher größer/gleich 1GB.
  • Index-Dienst ausschalten (Systemsteuerung > Verwaltung > Dienste: Index-Dienst heraussuchen und deaktivieren)
  • Virtuellen Speicher deaktivieren (Systemsteuerung > System > Erweitert > Leistung > Erweitert > Virtuellen Speicher auf "keine Auslagerungsdatei")
  • Timestamp abschalten: Bei jedem Dateizugriff wird ein Tag geschrieben der den letzen Zugriff anzeigt. Dieses ist nicht notwendig, kann man also abschalten, was die SSD-Lebensdauer verlängert. Folgendes als Kommandozeile (Start > Ausführen > CMD) eingeben: (oder alternativ nach einem Registry-String googeln)
FSUTIL behavior set disablelastaccess 1
  • Systemwiederherstellung deaktivieren: Spart Speicherplatz und vermindert Dateizugriffe. Da wir unser eigenes Image erstellen, brauchen wir sie nicht (man kann auch generell drauf verzichten): Arbeitsplatz > Eigenschaften > Systemwiederherstellung > Auf allen Laufwerken deaktivieren
  • Prefetch deaktivieren. Prefetch defragmentiert die Festplatte im Hintergrund. Das ist bei einer SSD kontraproduktiv und kann deshalb abgeschaltet werden. Dazu regedit aufrufen und folgenden Eintrag als DWORD bearbeiten oder hinzufügen und auf "0" setzen:
[HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\OptimalLayout]; EnableAutoLayout
  • Optional kann man noch eine Ramdisk nutzen. Dadurch kann ein Teil des RAM als Festplatte verwendet werden. Sinn und Zweck des Ganzen ist es den Zwischenspeicher von Windows dann nicht mehr auf der Festplatte sondern im RAM zu lagern. Das sind z.B. Installationsdateien, oder der Firefox-Cache. Die Ramdisk beschleunigt dann das surfen im Web und verhindert unnötige Schreibzugriffe auf der SSD.
    Bewährt hat sich für diesen Einsatz ein kostenloses Programm namens Gavotte Ramdisk. Dazu siehe: http://www.mydigitallife.info/2007/05/27/free-ramdisk-for-windows-vista-xp-2000-and-2003-server/
    Ich empfehle die Verwendung einer 64 - 128MB großen Disk. Nachdem die Ramdisk eingerichtet ist, kann der Ordner für den Zwischenspeicher verändert werden: Systemsteuerung > System > Umgebungsvariablen - hier die Verzeichnisse für TEMP und TMP im oberen und unteren Fenster (insgesamt 4 Einträge) auf die Ramdisk anpassen. Weiterhin kann man noch FlashFire installieren welches der SSD einen Schreib-Cache verschafft und sie ein Tick schneller macht - bei mir hats nicht geklappt. (Neuere SSDs haben von sich aus einen Cache, sodass man dieses Tool dann nicht braucht.)
3. CPU undervolten
Dieser Schritt senkt die Spannungsaufnahme der CPU. Dadurch wird der Stromverbrauch und vor allem die Wärmeentwicklung - im Vergleich zu anderen Maßnahmen - am effektivsten verringert.
  • RMClock downloaden (http://cpu.rightmark.org/download.shtml), installieren und starten.
  • unter "Settings" "Run at Windows StartUp" einschalten
  • unter "Profiles" ist der "CPU performance state editor". Hier ist rechts die Spannung zum jeweiligen Multiplikator eingetragen. Je jöher die Belastung für die CPU umso höher wählt sie den jeweiligen Arbeitsstate für sich aus. Unsere Aufgabe ist es nun den geringstmöglichen Wert herauszufinden mit dem das System stabil läuft. Hierzu setzt Ihr z.B. den VID bei 6.0x auf 0.7640V und den VID bei 17x auf 1.3080V. Die Werte dazwischen ergänzt das Program automatisch.
  • um die States anzuwenden, geht Ihr auf  Profiles > Performance on Demand, aktiviert "P-state Transitions" und klickt alle PSTs an (0,1,2...). Dann wieder auf Profiles und verändert unter Profiles-Selektion alle vier Einträge auf "Performance on Demand". Auf "Übernehmen" klicken. 
  • Nun müsst Ihr überprüfen ob Euer System stabil läuft. Tut es das, dann könnt Ihr die Spannungen weiter verringern, tut es das nicht, dann müsst Ihr sie weiter erhöhen. Bei mir haben die o.g. Werte wunderbar funktioniert.
  • RMClock muss ständig im Hintergrund mitlaufen damit die CPU kühl bleibt.
4. Abbild der Partition erzeugen
Hierzu braucht Ihr ein Programm a la Acronis TrueImage o.ä. das von CD gestartet werden kann und ein Image Eurer Partition erstellt. Dies ist dann das BackUp das jederzeit wieder eingespielt werden kann und Euer System auf den Ausgangszustand zurückbringt. Sinvoll ist es deshalb eine Partition mit Windows zu haben die jederzeit wiederhergestellt werden kann und eine weitere Partition mit Euren Daten - diese wird von der Wiederherstellung nicht verändert.
  • Image der Windows-Partition erzeugen und auf USB-Stick kopieren
5. SSD richtig alignen
OK - das ist sicherlich der schwierigste und gefährlichste aber auch der wichtigste Schritt. Die gute Nachricht: Habt Ihr ihn einmal gemacht, braucht Ihr ihn nie mehr zu wiederholen - auch nicht nach einer Formatierung. Das Problem ist, dass Windows XP mit SSDs nicht umgehen kann und sie so partitioniert wie gewöhnliche Festplatten. Das senkt zum einen die Lebensdauer der SSD zum anderen auch ihre Geschwindigkeit. Um dieses zu verhindern, muss man die Festplatte manuell partitionieren. Dafür benötigt man BartPE und eine WindowsXP-CD. Sucht Euch eine Anleitung wie man mit BartPE eine Windows-Live-CD erzeugt und fügt dieser CD unter BartPE das Programm diskpar hinzu. BartPE erzeugt nun ein Image, das Ihr auf CD brennt.
  • die SSD muss frisch sein, das heißt es dürfen sich darauf keine Partitionen befinden. Wenn dies nicht so ist - alle Partitionen löschen!
  • alte Festplatte ausbauen und SSD ins Thinkpad einbauen (dafür ist eine Schraube am Unterrand des Gehäuses (rechts - unten) zu lösen, sowie zwei weitere am Laufwerkskäfig)
  • BartPE von CD booten
  • im "BartPE"-Menü "CMD" auswählen. Nun müsst Ihr in der Kommandozeile in das Verzeichnis gehen, indem sich diskpar befindet
  • diskpar -s 1 ausführen einmal Y, Enter drücken. NICHT erneut Enter oder Y oder sonst irgendwas drücken
  • Diskpar zeigt Euch nun Informationen zum Datenträger Nr. 1 an. Wenn Ihr auf Y und Enter drückt, dann fährt das Programm fort und löscht alles auf der Disk um eine neue Partition zu erzeugen. Diskpart zeigt unter "Disksize" die Größe der Disk an. Entspricht die angezeigte Größe Eurer Disk, dann gehts weiter. Habt Ihr noch eine andere Festplatte im Notebook und die Größe entspricht nicht der SSD, dann habt Ihr die Disks verwechselt und dürft Ihr unter keinen Umständen fortfahren - Eure Daten auf der anderen Festplatte gehen sonst verloren! Um abzubrechen, drückt Strg+C. Probiert stattdessen diskpar -s 0 aus - oder eine andere Zahl.
  • seid Ihr sicher, dass alles stimmt, dann drückt Y und Enter
  • es kommt nun folgende Aufforderung: "Please specify starting offset:" Tragt hier 64 ein (gilt für o.g. Transcend SSD), dann Enter
  • dann noch: "Please specify partition length". Hier gebt Ihr die Größe Eurer Windows-Partition in MB ein. Ich war mit 12000 zufrieden. Alle weiteren Partitionen können dann unter Windows bequem erstellt werden, dann Enter.
  • Nun noch formatieren: In der Kommandozeile folgendes eingeben: 
  • "c:" > Enter
  • "dir" > Enter - unten steht der freie Speicher auf der Disk. Hier muss ungefähr der Wert stehen, den Ihr vorher für die Größe eingegeben habt - ist dies der Fall, dann:
  • "format c: /fs:NTFS" > Enter. Am Ende werde Ihr nach einem Namen für die Partition gefragt.
 6. Windows-Image auf die SSD spielen
Das Image ist auf dem USB-Stick (s.o.) und wird nun auf die eben erstellte Partition auf der SSD kopiert. Dazu geht Ihr wie unter Schritt 4 vor - nur das Ihr kein Abbild erzeugt, sondern es wiederherstellt.
7.Check
Sollte alles geklappt haben, dann habt Ihr ein absolut geräuschloses Notebook das dazu dank SSD auch noch sehr flott ist. Sollte der Lüfter ab und zu doch aufheulen, dann gibt es folgende Programme um dem abzuhelfen:
  • TPFanControl: stabil, alles muss in einer inf-Datei eingestellt werden
  • PFControl: stabil, alles kann in einer GUI eingestellt werden - mehr Optionen
Am Besten ist es, den Lüfter ab 48-52°C zuschalten zu lassen. Mit beiden Programmen könnt Ihr den Lüfter auch komplett abstellen. Hierbei ist jedoch äußerste Vorsicht geboten! Sollte Eure CPU über die 80°C-Schwelle treten, dann heißt es adieu! Generell ist darauf zu achten, dass die CPU 60°C dauerhaft nicht überschreiten, sonst sinkt die Hardware-Lebensdauer.
Soviel dazu - ich freue mich über Feedback.

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